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Aufklaerung, Toleranz, Saekularisation, welcher Buerger der westlichen Welt traegt diese Ikonen westlicher Zivilisation nicht hoch erhobenen Hauptes vor sich her! Wenigstens in der Theorie bekennen sich alle zu diesen Werten. Doch in der Praxis sieht es anders aus. Da wird zum Beispiel in Deutschland den Muslimen die Schaechtung verboten (den Juden dagegen erlaubt), Antraege auf Baugenehmigungen von Moscheen werden zu jahrelangen Wegen durch staedtische Verwaltungen und Raete, an deren Ende oft die Ablehnung steht, vollbaertige junge und alte Maenner werden mit Argwohn betrachtet (die Denuntiation eines jungen "Baertigen" als "Fundamentalist" hat auch schon zu fristloser Entlassung gefuehrt) und nun "empfiehlt" ein Schulrektor jungen Muslimas, in der Schule kein Kopftuch zu tragen.
Als deutscher Staatsangehoeriger, der sich in seinem einunvierzigstens Lebensjahr zum Islam bekannt hat, frage ich mich manchmal, ob denn alles, was ich im Schulunterricht ueber Aufklaerung und Toleranz im Westen gelernt habe, nicht gilt. Fuer mich ist es selbstverstaendlich, dass die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit nicht nur ein theoretischer Anspruch ist, sondern auch die Freiheit der Praktizierung miteinschliesst.
Der gute Schulmann will den Muslimas ersparen, dass mit dem Finger auf sie gezeigt wird und dass Skins sie anpoebeln - doch das ist genau verkehrt herum: In einer toleranten Demokratie muss nicht die religioese Minderheit sich anpassen und verkleiden, um akzeptiert zu werden, die Mehrheit muss lernen, dass es auch andere gibt.
In dieser Forderung, voneinander zu lernen, koennen sich Muslime und Nichtmuslime treffen: Im Koran heisst es:
"Wir haben euch zu Verbaenden und Staemmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt." (Sura 49,13)
und
"Zu seinen Zeichen gehoert die Erschaffung der Himmel und der Erde und auch die Verschiedenheit eurer Sprachen und Arten" (Sura 30,22).
Fuer einen Muslim ist die Andersartigkeit der Menschen ein Zeichen Gottes, und er ist aufgefordert, die anderen kennenzulernen. Das geht weit ueber das westliche Toleranzgebot hinaus, das ja auch ein rein passives, den anderen hinnehmen, bedeuten kann. Ich wuerde mir wuenschen, dass der Rektor versteht, dass es seine paedagogische Aufgabe - und die seiner Lehrerinnen und Lehrer ist - Schuelerinnen und Schueler im Gespraech zusammenzubringen, damit sie voneinander uebereinander lernen. Waere es so falsch, wenn der Skin oder der Punk - so er denn mal in die Klasse kommt und nicht nur durch die Strassen tobt - durch das Beispiel einer Muslima mit Kopftuch mit der Tatsache konfrontiert wird, dass es nicht nur Techno und Rap gibt, sondern auch Gott, und dass es Menschen gibt, in deren Leben Gott eine grosse Rolle spielt?
Quelle: Forum Eine Welt, 4.Quartal (Jahr ?), Seite 8
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