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In den Publikationen von Samuel Huntington und Johan Galtung zum Thema Frieden (bei Huntington eher Krieg) tauchen kulturelle Aspekte sehr haeufig auf. Oberflaechlich betrachtet aehneln sich die Argumentationsweisen, sie sind aber naeher betrachtet doch vollkommen unterschiedlich.
Die Ursache hierfuer liegt nach Meinung des Verfassers darin, dass das Vokabular, mit welchem beide argumentieren, sich sehr aehnlich ist, die Gedanken jedoch unterschiedlich ansetzen und sich in die entgegengesetzte Richtung entwickeln. Die Rolle der Kulturen spielt aber bei beiden eine tragende Rolle.
In seinem Artikel " The Clash of Civilization", (erschienen im Magazin " Foreign Affairs" Volume 72 No 3), identifziert er mehrere Zivilisationen und nennt Gruende fuer deren Kampf miteinander.
Huntington identifiziert sieben bis acht Zivilisationen: den Westen, Islam, Japan, Konfuzianisch, Hinduistisch, Slawisch-Orthodox und Lateinamerika (bei Afrika schreibt er: Vielleicht). Seiner Meinung nach werden Konflikte der Zukunft zwischen diesen Zivilisationen, wegen kultureller Unterschiede, auftreten.
Ueberraschender Weise heisst es nur wenig weiter unten:
"On the other hand, economic regionalism may succeed only when it is rooted in a common civilization. The European Community rests on shared foundation of European culture and Western Christianity. The success of the North American Free Trade Area depends on the convergence now underway of Mexican, Canadian and American cultures."
Seine "American cultures" scheinen fuer ihn etwas Spezielles zu sein, das sich von der kanadischen Kultur unterscheidet. Merkwuerdig erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass er Mexiko nicht direkt fuer ein Scheitern verantwortlich macht. Mexiko ist ein lateinamerikanisches Land, das seiner Meinung nach einer anderen Zivilisation angehoert. Wenn er glaubt, dass ein paar politische Kursaenderungen aus Mexiko ein anglisiertes Land machen (S. 43), ist dieses nach Meinung des Verfassers nicht moeglich. Sprache, Kultur und Lebensweise bleiben weiter lateinamerikanisch.
Da gemaess seiner These aber nur die Grundlage einer gemeinsamen Zivilisation bei einer Zusammenarbeit zum Erfolg fuehren kann, waere die nordamerikanische Freihandelszone von vornherein zum Scheitern verurteilt. Huntington erwaehnt den mexikanischen und lateinamerikanischen Einfluss in den USA mit keinem Wort. Dass dieser Einfluss Probleme in den USA schafft, kann nicht bestritten werden. Daher ist ein Konflikt dort eher moeglich. Die USA sind an sich keine Zivilisation, sonder eine Ansammlung von Zivilisationen. Wie kann er sie in den Westen eingliedern ohne seine Theorie zu ignorieren?
Der Rassismus, den er in anderen Laendern betrachtet (S. 32), ist auch in den USA vorhanden. Dies koennte ein Ausloeser fuer Konflikte in den USA sein.
Es waere aber kein internationaler Konflikt, sondern ein nationaler. Aber gerade die Konflikte innerhalb einer Zivilisation stehen bei ihm nicht im Vordergrund. Er konzentriert sich auf Konflikte zwischen Zivilisationen. Ob diese so eintreffen werden, ist sehr zweifelhaft. Wahrscheinlicher sind Konflikte innerhalb der Zivilisationen zum Beispiel durch hohe Arbeitslosigkeit.
Die Bezeichnungen, die er den Zivilisationen gibt, sind, wenn man sie in moegliche Kategorien einteilt, bunt zusammengewuerfelt:
Der Westen koennte als West-Christlich bezeichnet werden. Warum Konfuzianisch nicht als Chinesisch oder gleich als Mongolisch? Japaner als Asiaten zu bezeichnen, die europaeischen, indischen und malaiischen Muslime gesondert zu nennen, Lateinamerikaner vielleicht als Suedwestchristen und Slawisch-Orthodoxe als Ost-Christen zu bezeichnen, waere auch moeglich. Wenn alle Namen aus derselben Kategorie kaemen, wuerden sich seine Behauptungen so nicht mehr halten lassen. In der Art und Weise, wie er seine Zivilisationen benennt, baut er Feindbilder auf, die sich mit anderen Bezeichnungen ganz anders darstellen. Sie koennten feindliches Auftreten einbuessen.
Sein "Westen" ist auch kein so einheitliches Gebilde, dass man sagen koennte, es waere eine Zivilisation. Folgt man seinem Beispiel und unterteilt Europa nach westlichem und orthodoxem Christentum, koennte man auch ohne Schwierigkeiten seinen Westen zu unterschiedlichen Zivilisationen erklaeren. Die Grundlage hierfuer waere zum Beispiel der Unterschied der amerikanischen Freikirchen zu den europaeischen Staatskirchen.
Man braucht nicht in den Nahen Osten zu fahren, um auf eine Ablehnung des "american way of life" zu treffen.
Auch in Europa gibt es starke Bewegungen gegen die amerikanische Kultur (die Franzosen lehnen Amerikanismen in ihrer offiziellen Sprache ab. Dieses ist erklaerte Sprachpolitik der Franzosen).
Vergessen darf man auch nicht den Commonwealth und die frankophonen Staaten, die kulturell gesehen ihre Eigenstaendigkeit und Gemeinsamkeiten immer wieder betonen.
Auf welche Art und Weise sich diese Zivilisationen zusammensetzen, wird von Huntington nicht beschrieben. Sie werden als Monolithen dargestellt, denen die Menschen, die in ihnen leben, unausweichlich angehoeren.
Das Schema, in das sie gepresst werden, wird aber von Huntington selber nach Lust und Laune festgelegt, ohne es zu begruenden. So wie er seine Zivilisationen praesentiert, handelt es sich dabei um homogene Gesellschaften, die es in der Realitaet aber nicht gibt. Der Grund fuer seine Denkweise ist vielleicht die fundamentalchristliche Art vieler Amerikaner, die ihr Land als auserwaehlt betrachten.
Er nennt 6 Gruende fuer einen Kampf zwischen den Zivilisationen.
Als Beispiele fuer Konflikte nennt Huntington unter anderen das ehemalige Yugoslawien, den Aserbaidschan-Armenien Konflikt und den Golfkrieg.
Die beiden ersten sind Gebiete, die schon immer wegen ethnischer, kultureller, politischer und wirtschaftlicher Probleme konflikttraechtig waren und schlecht Konfliktbeispiel fuer die Zukunft sein koennen. Der Golfkrieg kann ebenfalls kein Beispiel sein. Die USA haben nicht aus kulturellen Gruenden an diesem Krieg teilgenommen. Ihre Machtpolitik, wirtschaftliche Interessen und ein Bruch des Voelkerrechts waren dafuer verantwortlich. Dass Huntington die Kriegspropaganda von Sadam Hussein aufgreift, um den Golfkrieg als kulturellen Krieg auszugeben, kann der Verfasser nicht mittragen.
Huntington redet von einer konfuzianisch-islamischen Allianz. Einen konfuzianischen Block gibt es nicht, auch keinen islamischen. Vereinfachte Feindbilder solcher Art erinnern an die Demagogie der Nationalsozialisten. Sie passen aber auch in sein Bild von einer "neuen Weltordnung" (gut/boese). Dieses ist christlicher Extremismus (das DMA Syndrom nach Galtung).
Eine wirtschaftliche Zusammenarbeit islamischer Laender mit Laendern, in denen es eine konfuzianisch gepraegte Kultur gibt, hat es seit hunderten von Jahren gegeben (zum Beispiel die Seidenstrasse; Handel generell, bedingt durch geographische Naehe). Von einer Allianz zu sprechen, ist nach Meinung des Verfassers, nicht gerechtfertigt. Kulturell gibt es keine Allianz und auch keinen kulturellen Grund, aus dem ein Krieg gefuehrt werden koennte.
Konfuzianische Denkweisen lassen sich auch in Japan finden. Japan wird sich aus diesen Gruenden aber bestimmt nicht gegen den Westen wenden.
Huntingtons Feststellung, dass sich Iran, Tuerkei, Pakistan, Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgisistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Usbekistan und Afghanistan nur auf Grund von religioesen Gemeinsamkeiten zu irgendeiner Zusammenarbeit entschliessen, ist nach Meinung des Verfassers nicht gerechtfertigt.
Erstens gehoeren diese Staaten zu mehreren gleichen ethnischen Gruppen (Tuerken und Iraner), zweitens gibt es genauso religioese Spannungen unter ihnen (Schiiten versus Sunniten), und drittens muessten diese Laender blind sein, um ihre gegenseitige geographische Naehe zu ignorieren.
Letztendlich haben die Amerikaner auch mehrere islamische Verbuendete, zum Beispiel Saudi Arabien und die Tuerkei (ein Nato-Mitglied).
Aus Johan Galtungs Buch "Nach dem Kalten Krieg. Gespraech mit Erwin Koller" Zuerich 1993, Seite 126 f. zitiert Hajo Schmidt in seiner Vorbemerkung zu Johan Galtungs Werk der Fernuniversitaet (Friedensstudien, Kurseinheit 1):
"Der Kalte Krieg war 'nur' ein Konflikt zwischen Ideologien innerhalb derselben abendlaendischen Zivilisation. Doch jetzt kommen Kriege zwischen Zivilisationen auf uns zu. Ueber Ideologien wusste man, wie man reden muss. Doch dem Konflikt der Zivilisationen oder Kulturen stehen wir noch recht hilflos gegenueber."
Die Zivilisationen, die fuer Konflikte kultureller Art verantwortlich sind, verwenden kulturelle Gewalt in diesen Konflikten, national und international.
In Kurseinheit 1, S. 11-12, erklaert Galtung, was er unter kultureller Gewalt versteht und wie sich diese, nach seinem Verstaendnis, in die Typologie der Gewalt eingliedert.
Galtung teilt Gewalt in direkte Gewalt, strukturelle Gewalt und kulturelle Gewalt.
"Unter kultureller Gewalt verstehen wir jene Aspekte von Kultur, der symbolischen Sphaere unser Welt - man denke an Religion und Ideologie, an Sprache und Kunst, an empirische und formal verfahrende Wissenschaft, die dazu benutzt werden koennen, direkte oder strukturelle Gewalt zu rechtfertigen oder zu legitimieren.
Sternenbanner, Kreuze und Sicheln, Flaggen, Hymnen und Militaerparaden, das allgegenwaertige Portraet des Fuehrers, Hetzreden und Plakate - all dies faellt einem dazu ein."
(Kurseinheit 1, S. 11-12) Die kulturelle Gewalt ist in Religion, Ideologie, Sprache, Kunst, Recht, Wissenschaft, Medien und Erziehung zu finden. Sie ist symbolisch und rechtfertigt die direkte und strukturelle Gewalt.
Galtung unterstellt den Begriff der Gewalt dem Begriff der Macht.
Eine kulturelle Macht schreibt dem Menschen vor, was falsch und richtig ist. Die strukturelle und direkte Gewalt setzen diese in die Tat um.
Das Machtsystem, das dahinter steckt, wird durch den kulturellen Alleinvertretungsanspruch gestaerkt und legitimiert.
Galtungs Meinung nach sind selbst militaerische Macht und der Glaube an ein oekonomisches System keine so starken Triebfedern wie die kulturelle Macht. Sie ergaenzen die kulturelle Macht allerdings, mehr oder weniger.
Kulturelle Gewalt betrifft immer nur Aspekte einer Kultur. Die unterschiedlichen Zivilisationen neigen mehr oder weniger stark dazu, Gewaltkulturen zu sein. Galtung bietet an, als einen Ausweg aus der kulturellen Gewalt, nach dem kulturellen Frieden zu fragen.
Dieser waere geeignet, direkten und strukturellen Frieden zu legitimieren. Hat eine Kultur viele Aspekte des kulturellen Friedens, koennte man sie als Friedens-Kultur bezeichnen. Die Suche nach solchen Aspekten sollte im Vordergrund stehen.
Die Friedensforschung benoetigt Galtung gemaess eine Gewalttypologie in aehnlicher Weise, wie die Medizin eine Pathologie zur Vorbedingung hat.
Um diesen Aspekt kulturellen Friedens zu erkennen, muss man sich mit der Kultur und ihrem Unterbewusstsein beschaeftigen. Anders als Huntington zeigt Galtung Wege, wie man Einblick in Kulturen gewinnt, versteckte Hintergruende abwaegt und Kulturen charakterisiert, ohne Schauerszenarien zu entwerfen:
"Wir malen hier mit einem wirklich breiten Pinsel, charakterisieren Makro-Kulturen auf der umfassendsten Ebene, der der Tiefen-Kultur. Es gibt jedoch auch die Ebene der Oberflaechen-Kultur, und die kulturelle Gewalt findet sich auch auf dieser Ebene. Beides zusammen sollte uns eine breite Grundlage liefern, um jene Implikationen aufzuzeigen, nach denen wir in Begriffen von Krieg und Frieden, Konflikt und Entwicklung suchen. Zudem sind innerhalb jeder Makro-Kultur Spezifikationen moeglich, bedeutungsvoll, ja sogar notwendig. Und schliesslich, was laesst sich daran aendern, gibt es irgendeine Therapie fuer pathologische Kosmologien?" (Kurseinheit 4, S.30)
Galtung schreibt in dem Buch " Peace by Peaceful Means "(S. 271) ueber eine solche pathologische Kosmologie:
"One example : the DMA (Dichotomization, Manicheism, Armageddon) syndrom. The world is seen in bipolar terms (like the west against an Islamic/Confucian alliance)."
"One is seen as good and the other as bad (guess which one), and there will be a battle (so better get ready). With DMA as the shared collective subconscious of negotiating, a natural next step is diplomats drawing lines on maps, with rulers (note the double meaning of that word). Any such line may be a line of armistice. It may stick, and may even one day become a line of war, an invitation to ethnic cleansing on either side of the line to solidify the territory for the nation.
Thus, a collective subconsious may be particularly dangerous if those shared unstated assumptions are bello-rather than paxogenic. Negotiating elites, impeding transparency not only of the outcome (secret) protocols, but also of the process (secret " sensitive" negotiations) are major obstacles to peace."
Bei den Anmerkungen zu diesem Text schreibt Galtung, dass "diese destruktive Phantasie eine von vielen ist, die man in Huntingtons Thesen in "clash of civilizations" findet."
Galtung beschreibt, wie er das Unterbewusste, das tief in einer Kultur verwurzelt ist und auf das Leben dieser Kultur starken Einfluss ausuebt, versteht. Dieses Verstaendnis hilft in Konflikten, bei pathologischen Kosmologien.
"Unter der Kosmologie (einer Zivilisation) verstehen wir die kollektiven unterbewussten Vorstellungen davon, was die normale und natuerliche Wirklichkeit ausmacht. Da sie gemeinsam und selbstverstaendlich sind, sind sie nicht notwendig bewusst. Andere Begriffe waeren " Tiefenideologie", "Tiefenkultur", Weltanschauung (deutsch im Original), Kosmovision, und die entsprechenden Aequivalente in anderen Sprachen." (Kurseinheit 4, S. 26)
Um seine Methode zu erproben, hat Galtung sechs Zivilisationen ausgewaehlt, um Gedankengaenge verschiedener Kulturen, Raum und Zeit betreffend, exemplarisch zu analysieren.
- Okzident I, zentrifugal, expandierend (griechisch-roemisch, modern)
- Okzident II, zentripetal, kontrahierend (mittelalterlich)
- Indisch (Hindu)
- Buddhisch (buddhistisch)
- Sinisch (chinesisch)
- Nipponisch (japanisch)
Dieses sind nur einige wichtige Beispiele. Andere werden erwaehnt, aber nicht aufgefuehrt. Variationen sind moeglich.
Galtung untersucht jede Kultur auf ihre unterbewusste Haltung, auf ihre Tiefenkultur hin, nach folgenden Punkten:
Im Gegensatz zu Huntington ist eine Zivilisation bei Galtung ein praegendes Denkmodell, nicht aber ein starres Gefaengnis, das den Menschen eine Identitaet aufzwingt, ob diese existiert oder nicht.
Bei Galtung sind fuer die Kulturen Variationsmoeglichkeiten denkbar, die durch das Austauschen von Komponenten moeglich werden. Z.b. Indisch (Hindu) durch Indisch (Islam) oder China (Buddisch) durch China (Maoistisch), so wie er Okzident I und II gegenueberstellt. Hier wurde der Zeitfaktor ausgetauscht. So entstehen mehrere Zivilisationen, die bestimmt zahlreicher sind als die 7 oder 8 von Huntington. Zivilisationen sind grundsaetzlich vielfaeltig und duerfen widerspruechliche Tiefenkulturen haben.
Tiefenkultur hat auf die Zivilisation einen unbewussten Einfluss:
"Die Tiefenkultur oder Kosmologie einer Kultur beeinflusst offensichtlich nicht nur die Wahrnehmung von Konfliklebenszyklen, sondern auch das tatsaechliche Verhalten waehrend eines Konflikts und ist von grosser Bedeutung fuer die Konflikttransformation. Das Wissensniveau sowohl der Beteiligten als auch der Aussenstehenden bezueglich dieses Faktors wird das Ergebnis mitbestimmen.
Dieses Niveau muss bei den Angehoerigen der betreffenden Kultur nicht unbedingt hoeher sein als unter Aussenstehenden, denn die Kosmologie ist per definitionem im kollektiven Unterbewusstsein verwurzelt und nicht im individuellen Bewusstsein. Ein solches Wissen ist fuer jeden, der menschlichen Konflikte untersuchen will, von grundlegender Wichtigkeit." (Kurseinheit 2, S. 19-21)
In Kurseinheit 4, S. 4-5 vergleicht er zwei Zivilisationen. Es handelt sich hierbei um Okzident 1 und um Buddhisch. Galtung untersucht deren Vorstellung von Konfliktlebenszyklen. Buddhismus, Christentum, Judentum und Islam bezeichnet er als Mega-Kulturen, die Okzident und Orient jeweils ihre Charakteristika gegeben haben.
Er beginnt mit der jeweiligen Zeitvorstellung der jeweiligen Kultur. Okzident 1 hat eine begrenzte Zeit, einen Beginn und ein Ende (die Apokalypse). Der Konfliktzyklus wird als innerhalb der endlichen Zeit begriffen. Ein Konflikt haette einen Anfang und ein Ende. Automatisch handelt der Akteur danach und hat eine entsprechende Sichtweise vom Konfliktprozess, ein entsprechendes Verhalten und eine entsprechende Einstellung.
Im Buddhismus gibt es keine Vorstellung von einem Anfang oder einem Ende der Zeit. Die Zeit erscheint als ein endlos, ewig fliessender Fluss. Dementsprechend handeln, empfinden, verhalten, reden und schreiben die Akteure. Ihre Wahrnehmung hat keinen Anfang und kein Ende.
Daraufhin fuegt Galtung dem Zeitfaktor ein gesellschaftliches Element hinzu:
Individuell versus Kollektiv
Bei Okzident 1 wird die Individualitaet staerker betont als die Gesellschaft. Im Buddhismus steht die Gesellschaft im Vordergrund. Dieses hat einen Einfluss auf die Konfliktwahrnehmung.
In Okzident 1 werden Konflikte individualisiert, im Buddhismus nimmt die Gesellschaft den Konflikt staerker wahr. Daraus resultieren fuer die Menschen der jeweiligen Zivilisation unterschiedliche Geisteshaltungen und Sichtweisen.
"Fuer die Konflikttheorie und -praxis bedeutet die Konfliktindividualisierung in einer finiten Zeit einen ganz anderen Ausgangspunkt als die Konfliktkollektivierung in einer infiniten Zeit. Das erste Bild spiegelt gut den okzidentalen Atomismus, die nomothetische (verallgemeinernde) Konfliktologie mit deduktiver Theoriebildung, die unter Umstaenden auf einer Typologie von Akteuren beruht. Das zweite Bild bringt die Dialektik des Holismus mit seiner ideographischen Konfliktologie zum Ausdruck, fuer die gilt, dass es eine einzige zusammenhaengende Menschheit oder Art von Leben gibt." (Kurseinheit 2, S. 19-21)
Bei Galtung sind es hauptsaechlich Regierungen und Mehrheiten von zum Beispiel religioesen oder ethnischen Gruppen, die kulturelle Gewalt gegen Minderheiten ausueben. Diese kulturelle Gewalt ist nur ein Teil der Gewalt, der mit anderer Gewalt einhergeht und sich meistens innerstaatlich abspielt. Kulturelle Faktoren als Ausloeser von Konflikten sind denkbar, stehen bei Galtung aber nicht im Vordergrund. Ihre Wichtigkeit wird aber aucht nicht ignoriert.
Bei Huntington hingegen ist der kulturelle Faktor der Ausloeser fuer Konflikte der Zukunft. Diese Konflikte werden zwischen Staaten ausgetragen, die verschiedenen Zivilisationen angehoeren. Wirtschaftliche oder ideologische Gruende treten in den Hintergrund.
Galtung versucht durch seine Theorien den Leser zu sensibilisieren. Dagegen baut Huntington Feindbilder auf. Galtung versucht unparteiisch zu sein. Huntington ist hingegen parteiisch. Er sieht seine Zivilisation als das Opfer eines Konfliktes. Dass seine Zivilisation andere Zivilisationen bedroht, wird von ihm nicht wahrgenommen. Das Resultat waere, dass die Theorien von Galtung zum Frieden beitragen, die von Huntington zum Krieg.
In seinem Schlusswort schreibt Huntington:
"For the relevant future, there will be no universal civilization, but instead a world of different civilizations, each of which will have to learn to coexist with others."
Zu wuenschen waere, dass Menschen, die wie Huntington denken, ihre Denkart aendern, so dass der Frieden wirklich eine Chance hat.
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