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Bei einer gesellschaftspolitischen Podiumsdiskussion zum Thema "Gastarbeiter - Tuerkische Vorarlberger" mit anschliessender Lesung eines in Vorarlberg lebenden tuerkischen Autors vor 3 Jahren im Bildungshaus Batschuns/Vorarlberg wurde uns deutlich, dass wir einen neuen Weg suchen muessen, wenn wir wirklich tuerkische Mitbuergerinnen und ihre Lebenswelt kennenlernen wollen. Eine Diskussions-Teilnehmerin hatte zu Recht gefordert: "Seht bitte in uns nicht nur die Arbeitskraft, sondern den ganzen Menschen, auch mit seiner Kultur und Religion."
Meine tuerkische Kollegin Necla Guengoermues, mit der zusammen wir diesen erwaehnten Tag gestaltet hatten, wies besonders auf die Isolation der tuerkischen Frauen in der Fremde hin. Sie erzaehlte von den "Fuenf-Uhr-Tees" in den Staedten und den taeglichen Treffen der Frauen in den Doerfern, wo sie ueber ihre Alltagsprobleme sprechen, und dass dies nun fuer diese Frauen in der fremden Umwelt oft verloren gegangen sei.
Wir wollten nun ganz einfach eine Begegnungsmoeglichkeit, einen "Fuenf-Uhr-Tee", fuer tuerkische und oesterreichische Frauen schaffen. Wichtig waren uns dann folgende Kriterien:
Bei den Nachmittagen kamen dann "offiziell" folgende Themen zur Sprache: "Aussteuer oder Berufsausbildung", "Haus-Frauen-Arbeit", "Frauen im Wandel der Zeit".
Praktisch kamen wir noch in viel mehr Themen hinein. Aber was uns immer wieder deutlich wurde, ist, dass viele Vourteile in den Koepfen herumschwirren, weil kaum nachgefragt wird, weil kaum miteinander gesprochen wird. Oft steckt auch einfach Angst dahinter, sich zu blamieren. Oder manche trauen sich nicht unbekuemmert zu fragen, weil sie niemanden verletzen wollen. So erstickt leider oft guter Wille in Sprachlosigkeit.
Viele Dinge, die uns Probleme machen, Dinge, von denen wir meinen, sie seien Kultur- oder Religionsunterschiede, sind oft geschichtliche Prozesse, die auch wir Oesterreicherinnen vor wenigen Generationen durchlebt haben. Zum Beispiel war es damals fuer Frauen noch durchaus ueblich, ein Kopftuch oder eine andere Kopfbedeckung in der Oeffentlichkeit zu tragen. Deutlich wurde auch, wie vielfaeltig und verschieden die Frauen in der Tuerkei selbst leben, dass es ebensowenig "die" Tuerkin wie "die" Oesterreicherin gibt.
Und was mich immer wieder beeindruckt hat, ist, wie Tuerkinnen selbst ueber ihre Religion gesprochen haben, beziehungsweise dass auch gesagt wurde: "Religion ist fuer jeden Menschen wichtig. Wir erfahren gerne von euch, warum ihr was tut. Aber es ist gut, dass ihr eure Religion habt und wir unsere. Wir muessen nur lernen, damit miteinander zu leben!" Dieser ehrfurchtsvolle Respekt vor der eigenen und der anderen Religion ist sicher etwas, fuer das wir alle noch feinfuehliger werden sollten.
Damit war auch ein Wunsch erfuellt, den wir vom Bildungshaus Batschuns her hatten: Wir hatten schon seit Jahren in diversen Bildungsveranstaltungen ueber den Islam informiert. Nun hatten wir es miteinander geschafft. mit Frauen aus dieser fuer uns so anderen Kultur und Religion gemeinsame Gespraeche zu gestalten. Zwanzig bis dreissig Frauen, Oesterreicherinnen und Tuerkinnen, begannen sich im Fruehjahr und Herbst beim "Fuenf-Uhr-Tee" zu treffen. Dieser zog bald weite Kreise. Es kamen Einladungen und Anfragen ins Haus. Aus dem "Fuenf-Uhr-Tee" wuchs zum Beispiel das dreiteilige Medienverbundprogramm des ORF, Landesstudio Vorarlberg, "Mein Nachbar ist Muslim".
Elisabeth Doerler, Batschuns.
Aus: "RELIGIONEN UNTERWEGS", 1.Jahrgang Nummer 0/94, eine Zeitschrift der Kontaktstelle fuer Weltreligionen (KWR). Die Kontaktstelle ist eine Institution der Oesterreichischen (katholischen) Bischofskonferenz im Dienste des Dialogs mit den Weltreligionen. Veroeffentlicht ausserdem im St.Georgs-Blatt, Jaenner 1995, Seite 10.
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