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Christlich-Islamische Gesellschaft e.V.
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Wozu islamisch-christlicher Dialog

Geschichte des christlich-islamischen Dialogs
Vertraegt sich Dialog mit Mission?
"Irdischer" Nutzen des Dialogs
Nutzen des Dialogs auf religioesem Gebiet
Wie findet man Dialog-Partner?
Nicht entmutigen lassen


Geschichte des christlich-islamischen Dialogs

Der Dialog zwischen Muslimen und Christen ist so alt wie der Islam selbst. Als der Prophet Mohammed im Jahre 610 seine erste Offenbarung empfing und von diesem Erlebnis seiner Frau Chadigah berichtete, beriet sich diese sofort danach mit ihrem Vetter Waraka, der Christ war.

Nachdem die Araber 633-634 das Perser-Reich erobert hatten, wurde die christliche Kirche der Nestorianer infolge ihres hohen Bildungsstandes Vermittlerin der griechischen Kultur. Wenn das christliche Abendland spaeter griechische Literatur und Philosophie aus dem Arabischen erhielt, war dies kein neuartiger Dialog, sondern bereits Fortsetzung einer jahrhundertalten Tradition. In diesen Zusammenhang gehoert auch die gelegentlich goldenes Zeitalter genannte Periode, in der in Cordoba unter Maurischer Herrschaft Juden, Christen und Muslime in bisher wohl einmaliger und noch nicht wiederholter Harmonie diskutierten. Hierher gehoert auch das weltberuehmte Katharinen-Kloster am Sinai, das aelter ist als der Islam, und das in seinem Bestand von keiner islamischen Regierung je gefaehrdet wurde.

Der Besuch, den Franz von Assisi etwa 1219 waehrend eines Kreuzzuges beim Sultan Melek-el-Kamil machte, kann in seiner historischen Bedeutung kaum ueberschaetzt werden. Nicht nur, dass ein frommer Mann im christlichen Sufi-Gewand feindliche Linien ueberschreiten konnte. Die groessere Bedeutung liegt meines Erachtens darin, dass Franz von Assisi aufgrund dieses Erlebnisses eine neue Missions-Philosophie entwickeln konnte. Seine Interpretation des Missions-Befehls Jesu hat erlaubt, dass franziskanische Kloester auch unter osmanischer Herrschaft jahrhundertelang im islamischen Raum bestehen konnten.

Vertraegt sich Dialog mit Mission?

Was ist Dialog ueberhaupt? Dialog zwischen Muslimen und Christen ist ein Gespraech, bei dem es um Wahrheit und um die Macht Gottes geht, also nicht um die Macht einer Religion. Dialog ist davon ueberzeugt, dass Gott unsere Mitwirkung nicht noetig hat, um seinen Willen durchzusetzen. Dass er mit dem uns aufgetragenen Wettbewerb vielmehr testen will, wie weit wir bereit sind, uns ihm zuliebe anzustrengen (Koran 5/53 und Hebraeer-Brief 12/1). Dialog bedeutet Treue zur eigenen Identitaet und Recht auf Wahrung dieser Identitaet. Aber zugleich Bereitschaft, den anderen in seiner Religion, Kultur und Mentalitaet besser zu verstehen. Dialog will ein tieferes Verstehen auch der eigenen Wahrheit erreichen. Dialog erwartet, dass etwas Neues geschieht, die Oeffnung einer neuen Dimension, der man sich zuvor nicht bewusst war. Dialog enthaelt die Bereitschaft, selbst veraendert zu werden. Nicht in dem Sinne der Gefaehrdung des eigenen Glaubens. Wohl aber in dem Sinne der Befreiung von historischen und kulturellen Verkrustungen.

Dialog braucht unbedingt Respekt. Nur wenn beim Fragenden Respekt vorhanden ist, kann der Befragte vertrauensvoll antworten. Je groesser dieser Respekt, desto kleiner die Zahl der Tabus. Konservative Haltung ist kein Hinderungs-Grund fuer ein gutes Gespraech. Vielmehr ist gerade gesundes Mauerwerk eine wesentliche Voraussetzung dafuer, sich weit aus dem Fenster zu lehnen.

Ergaenzend sollte angemerkt sein, dass der innerchristliche Dialog etwas anders zu sehen ist, weil er ausdruecklich die Wiedervereinigung der Kirchen zum Ziel hat.

Muslime und Christen haben nicht nur aus Unkenntnis Angst voreinander. Jeder fuerchtet, dass die andere Seite lediglich Zeit und Vorteile gewinnen und Mission betreiben will. Jede Seite kann Vertreter der anderen Seite vorzeigen, bei denen das auch zutrifft. Natuerlich muss man sich seine Gespraechs-Partner schon genau und lange ansehen. Andererseits sagt ein Sprichwort, dass Vertrauen zu schenken zwar gefaehrlich, niemandem zu vertrauen aber toedlich sei.

Sowohl die Evangelien als auch der Koran enthalten ausdrueckliche Missions-Auftraege an ihre Anhaenger. Die Frage kann also nicht lauten, ob im Dialog missioniert wird. Es ist vielmehr zu fragen, ob es Formen der Mission geben kann, die dem Auftrag der eigenen Religion genuegen und den Dialog-Partner dennoch nicht stoeren oder verletzen. Ich beantworte diese Frage ohne Hemmung mit ja.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Missionierung im vorstehenden Sinne innerhalb des Dialogs dann nicht als unangenehm empfunden werden wird, wenn Mission nicht der einzige Anlass fuer den Dialog darstellt oder der Dialog gar nur ein Vorwand fuer Mission ist. Beide Partner muessen bereit sein, durch Zuhoeren auf die Argumente des Anderen auch die eigene Position in Gefahr bringen zu lassen. Dialog setzt deshalb einen gefestigten Glauben voraus und ist nichts fuer Menschen, die bereits auf der Suche nach einer neuen Orientierung sind.

"Irdischer" Nutzen des Dialogs

Wem nutzt Dialog? Papst Paul VI hat 1967 in Istanbul formuliert, dass Muslime und Christen aufgerufen sind, zusammen fuer soziale Gerechtigkeit, moralische Werte, Frieden und Freiheit einzutreten. Telefonseelsorge, Krankenpflege, Altersheime, Rauschgiftbekaempfung, Arbeitslosigkeit, Umwelt usw. sind sicher Bereiche, in denen Zusammenarbeit angesagt und unproblematisch ist.

Nutzen des Dialogs auf religioesem Gebiet

Welchen Nutzen soll aber Dialog auf religioesem Gebiet bringen, wenn jede der Abrahams-Religionen zutiefst davon ueberzeugt ist, schon allein im Besitz der vollen Wahrheit zu sein? Religioeser Dialog kann dazu benutzt werden, Positionen des eigenen Glaubens, die aus dem Blickfeld geraten sind, neu einzuordnen.

Theologisch gesehen sieht sich der Christ als "Kind" Gottes, waehrend sich der Muslim mehr als sein "Diener" versteht. Mir scheint deshalb der Christ immer in Gefahr zu sein, Gott als den Papa zu sehen, der es schon richten wird. Er kann vom Muslim lernen, die Erhabenheit des Schoepfers neu zu ueberdenken.

Andererseits gibt es kaum ein religioeses Gespraech zwischen Muslimen und Christen, das nicht nach einiger Zeit bei der Dreifaltigkeit landet. Viele Muslime wissen nicht, dass das, was der Koran als Dreifaltigkeit aufzaehlt, mit der Dreifaltigkeit der heute lebenden Christen nichts zu tun hat. Der Koran kritisiert in Sure 5/116 eine Vorstellung, bei der Gott aus "Allah, Jesus und Maria" besteht. Eine christliche Sekte, die das glaubte, gab es tatsaechlich zur Zeit Mohammeds in Arabien. Sie war aber schon damals eine Minderheit und besteht heute nicht mehr. Hier kann der Muslim vom Christen lernen, dass er die auf einen speziellen Fall bezogene koranische Kritik nicht gedankenlos auf alle heute lebenden Christen anwenden darf.

Die Reihe der Beispiele liesse sich fortsetzen. Ganz allgemein kann gesagt werden, dass Fragen, die von einer anderen Religion und aus einer anderen kulturellen Tradition heraus an den eigenen Glauben gestellt werden, fuer einen religioes interessierten Menschen eine grosse geistige Herausforderung darstellen. Keine noch so gelungene Predigt eines Glaubensgenossen kann so herausfordernd sein wie die Frage eines Andersglaeubigen, die einen im ersten Augenblick verbluefft und sprachlos macht.

Wie findet man Dialog-Partner ?

Wo kann man in den Dialog einsteigen? Nachbarn, Arbeitskollegen bieten sich an. Volkshochschulen, konfessionelle Bildungs-Staetten ebenso. Ohne Anspruch auf Vollstaendigkeit fallen mir besonders die evangelische Akademie Iserlohn ein (bis 1991) und das Hedwig-Dransfeld-Haus in Bendorf bei Koblenz. Evangelische Kirchentage und Katholikentage bieten jaehrlich ein geschlossenes Dreitages-Programm. Die christlich-islamische Gesellschaft hat den Dialog sogar als Hauptaufgabe gewaehlt und kann auf Anforderung einzelne Gespraechs-Partner aus dem Wohnsitz-Bereich zusammenbringen.

Nicht entmutigen lassen

In der einschlaegigen Presse kann man seit einiger Zeit lesen, dass jede Art von interreligioesem Dialog ins Stocken geraten sei. Es wehe ein rauher Wind, von Dialog-Muedigkeit ist die Rede, von Enttaeuschung nach Euphorie. Fuer mich fallen solche Aeusserungen unter den Begriff "Festungs-Mentalitaet". Es gibt Anzeichen genug dafuer, dass nicht wenige - bis in die Leitungsgremien der Kirchen hinein - bei geschlossenen Fenstern ein groesseres Gefuehl von Sicherheit haben als bei offenen (Prof.Waldenfels).

Meines Erachtens haben Muslime und Christen kein Recht, sich dem Dialog zu entziehen. Vor der Religions-Vermischung, dem Synkretismus, wird erfahrungsgemaess am meisten von denen gewarnt, die den Dialog noch nie praktiziert haben. Eine ueberraschende Naturgesetzlichkeit bewirkt naemlich, dass Annaeherung an eine fremde Religion zu intensiverer Beschaeftigung mit der eigenen Religion fuehrt. Allerdings koennen die daraus entstehenden Fragen nach der Berechtigung mancher religioesen Gewohnheit offiziellen Religions-Vertretern durchaus laestig werden. Diese wirken manchmal wie Gefangene sehr komplexer und sehr buerokratischer Strukturen (Bischof Cipriani).

Ein fuer die Zukunft immer wichtiger werdender Aspekt ist die Erfahrung, dass Einblick in eine andere Religion konfessionelle Mischehen vermeiden hilft.

Ich habe Jahre des Dialogs hinter mir. Muslime haben mir Zuwendung, religioese Weiterbildung und Gemeinschaft im Gebet gewaehrt, ohne jemals meinen Glauben anzugreifen. Guten Gewissens kann ich versichern, dass der Islam ein unverzichtbarer Bestandteil meines Christseins geworden ist.

Klaus Schuenemann

Vorstehendes ist eine mehrfach ueberarbeitete Niederschrift des Einfuehrungs-Referats auf dem Lehrertag der islamisch-christlichen Woche am 9.November 1989 in Georgsmarienhuette.

Veroeffentlicht in Moslemische Revue Januar-Maerz 1990, Seiten 55-59.


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