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Man nehme viel Geduld, ein gehoeriges Mass kindlicher Neugier (wissen wollen, wie es wirklich ist) und vorbehaltlose Wahrhaftigkeit. Damit begegne man Menschen, nicht Ideenwelten, keinen Dunstkreisen und Bewegungen, dann wird es gelingen.
Mein Anfang war so: Ich habe die Einladung zum Einfuehrungsgottesdienst ins neue Pfarramt im Sommer 1987 in beide benachbarten Moscheen getragen. Hodscha Mustafa Koekluekaya, der Religionsbeauftragte der staatlich-tuerkischen Mevlana-Moschee in Bremen-Groepelingen, schlug mir dann bald sein Begegnungskonzept vor, das sich weise auf die gegenseitige Erklaerung des anderen Glaubens beschraenkte. Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, die heiss diskutierten Integrationsprobleme haben wir ganz bewusst aussen vor gelassen. Auch war die Themenfolge, so wie wir sie fanden, nicht von den Vorurteilsstrukturen und Aengsten der westlichen Mehrheitsgesellschaft diktiert, sondern folgte einfach unserer Neugier. Wir hielten strikte Gegenseitigkeit ein und muteten uns bei der Gestaltung durchaus Befremdliches zu. Anfangs war das muslimische Ueberlegenheitsbewusstsein, der unverhohlene Anspruch, die bessere Religion zu vertreten, eine echte Anfechtung fuer die pluralismus-erfahrenen, diffus problembewussten Christen. Feierlich hatten Herr Koekluekaya und ich uns versichert: Keine Mission.
Doch ebenso unmissverstaendlich habe ich ausgesprochen, dass auch wir Christen auf die Wahrheit unseres Glaubens vertrauen und der Missionsbefehl unseres Herrn grundsaetzlich in Geltung bleibt. Wir sind doch in unseren Gewissen gebunden! "Was ist Dein einiger Trost im Leben und im Sterben?", lautet die erste Frage des Heidelberger Katechismus. Im Ernstfall wird es darauf schwerlich mehrere Antworten zugleich geben koennen. Solche Situationen muessen wir aushalten, dass uns ein frommer Moslem auf den Kopf zusagt, er sehe fuer uns Christen keine Moeglichkeit, ins Paradies zu gelangen. Sein Gewissen gebietet es ihm, uns hinreichend zu warnen. Wiederholt bin ich in diese Situation gekommen, aber es war auch moeglich, sich darueber zu verstaendigen, warum diese Sackgasse unausweichlich ist. Hier beginnt die Sache mit der Toleranz doch erst wirklich spannend zu werden. Indem wir das begreifen und uns nicht gegenseitig als Fundamentalisten erledigen, bekommt die Begegnung ihre ganze Wahrheit, Tiefe und Zukunft. Ehrliche Froemmigkeit achtet gerade des anderen Glaubenstreue und findet im Austausch ueberraschende Konvergenzen der Anliegen hinter den Sprachregelungen und Vorstellungen. Wohingegen die Beschwoerung des Gemeinsamen ganz schnell zu Entdeckung vertrackter Differenzen fuehren muss. Wir stehen nun einmal in "Wahrheitskonkurrenz" (Reinhart Hummel).
Die Sprachbarrieren, die uns immer grosse Geduld abverlangen, werden in dem Masse ueberwunden, wie die zweite Generation, die Brueckenschlag-Generation, zunehmend das Geschehen gestaltet. Sie ist mit der Kultur des Herkunftslandes, bei uns in den meisten Faellen die Tuerkei, noch stark vertraut und fuehlt sich hier ganz zu Hause. Sie beherrscht die deutsche Sprache. Die dritte, heranwachsende Generation wird hiesigen Islam denken. Und wir gestalten diesen Umformungsprozess mit, indem wir Interesse zeigen! Die schwierigen Fragen nach der Vereinbarkeit islamischer Orientierung mit den Verfassungen und dem Pluralismus unserer westlichen Gesellschaft muessen diskutiert werden. Sie lassen sich auch diskutieren. Auf dem Leipziger Kirchentag und waehrend der 1.Bremer Islamwoche ist es gelungen. Beide Seiten lernen im Dialog. Wir leben in enger Nachbarschaft miteinander. Nur gemeinsam haben wir Zukunft oder keine.
Wollen wir Christen diese Nachbarschaft angemessen wahrnehmen, so sind wir dringend gefordert, unser eigenes Glaubenswissen zu vertiefen, damit wir gelassen antworten koennen, wenn wir gefragt werden etwa nach der Gottessohnschaft Jesu oder der Dreieinigkeit. Die Konzentration auf Glaubensfragen hat uns in Groepelingen Kontinuitaet und Vertrauen beschert. Natuerlich waren wir auch schon gemeinsam demonstrierend unterwegs, als es galt, gegen Hass und Unfrieden deutliche Zeichen zu setzen. Mein Griechischlehrer sagte gern: "Ein guter Umweg ist nicht um".
Heinrich Kahlert
Dr.Heinrich Kahlert ist Pastor der Evangelischen Gemeinde in Groepelingen und Islambeauftragter der Bremischen Evangelischen Kirche. Er arbeitet seit gut zehn Jahren in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, beiden kirchlichen Bildungswerken und den Ortsgemeinden an der Nachbarschaftspflege zu Muslimen.
Er ist Herausgeber der Studie Wir sind keine Gaeste mehr, die alle erreichten Bremer Moscheegemeinden und Dachverbaende vorstellt. Sie ist zu beziehen in der
Kirchenkanzlei der BEK
Franziuseck 2-4
28199 Bremen
Telefon (0421) 55 92 0
Quelle: Zeitungsbericht unbekannter Herkunft.
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