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Pilotprojekt: In Hamm wird Islam auf deutsch unterrichtet
Von Kirsten Tolle
18 Kinder laufen wild durcheinander. Jedes sucht seinen Platz. "Lass mich noch mal schnell abschreiben", hoert man ein Gemurmel in den hintersten Reihen. Hektik macht sich breit. Da schellt es und der dunkelhaarige Cetin Mogultay betritt die Klasse. Alle springen auf. "Guten Morgen, Herr Mogultay", ertoent es im Chor. Stuehle werden gerueckt und los geht's mit dem Unterricht.
Eigentlich ein ganz normaler Unterrichtsbeginn. Doch fuer viele eine Neuheit: Cetin Mogultay unterrichtet islamische Kinder im Fach "Religioese Unterweisung". Der ehemalige Germanistikstudent stammt aus der Tuerkei und lebt seit 18 Jahren in Deutschland. Seit drei Jahren lehrt er an der Sophie-Scholl-Gesamtschule in Hamm. "Die Kinder leben in einer christlichen Gemeinschaft. Sie haben aber das Recht darauf, ueber ihre Kultur Bescheid zu wissen", erklaert Mogultay. Nach der Rechtsgrundlage muss jeder Lehrer, der das Fach unterrichtet, aus einem islamischen Kulturkreis kommen und eine zweijaehrige Fortbildung hinter sich haben. Auch ist die Zustimmung der Eltern Pflicht.
Entscheidend ist fuer Mogultay, das Fach auf deutsch zu unterrichten. "Es gibt viele Spaltungen im Islam. Daher ist es wichtig, nur die Leitgedanken zu vermitteln. Und die werden von den Landesinstituten vorgegeben." Ferdinand Zimmermann, wissenschaftlicher Referent fuer Lehrerfortbildung am Landesinstitut fuer Weiterbildung Soest: "In der Klasse 5 steht das friedliche Miteinander und die Bedeutung des Korans auf dem Lehrplan."
Das Pilotprojekt ist eine wichtige Sache, findet Schulleiter Manfred Lindemann: "Bei einem Auslaenderanteil von 18 Prozent haben wir immer Probleme mit dem Fach Religion gehabt. Daher war eine richtige und kontinuierliche Betreuung notwendig."
Fuer Cetin Mogultay stehen drei Aspekte im Vordergrund: "Ich will den Kindern die islamische Tradition in ihrer Geschichte, Ethik und Religion vermitteln." Seiner Ansicht nach muss jedem Einzelnen geholfen werden, in die christliche Kultur integriert zu werden. Mogultay: "Ein gutes Verstaendnis zwischen Muslimen und Christen ist notwendig, um ein harmonisches Zusammenleben zu erreichen."
Was denken die Schueler ueber ihr neues Fach? Fatima (12): "Endlich verstehe ich, was die uns in der Moschee erzaehlen." "Ausserdem lernen wir unsere Propheten und den Koran kennen", fuegt ihre Freundin Huelya (11) hinzu. Beide sind in Deutschland geboren und nehmen regelmaessig am Unterricht teil. "Das macht wirklich viel Spass", so ihre Meinung.
Den Themen Streit, Schuld und Vergebung wird eine besondere Bedeutung zugesprochen. Mogultay: "Auch das Zusammenleben in der Familie ist ein entscheidender Faktor. Wir vergleichen dabei oft islamische Vorstellungen mit deutschen."
Ein Problem: Bislang steht der Schule nur ein Lehrer zur Verfuegung, so dass das Fach nur in der fuenften Klasse unterrichtet werden kann. Mogultay: "Mein Wunsch waere es, das Fach als Regelfach anzuerkennen. Es muessten mehr Fortbildungen fuer Lehrer angeboten werden, die bereit sind, dieses Fach zu unterrichten."
Quelle: neue bildpost, 4.Februar 1999, Seite 3.
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