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Roman Herzog eroeffnet einen "Dialog zwischen den Kulturen"
Von der Sache her war man sich erwartungsgemaess einig. Beim Auftakt der dreitaegigen Veranstaltungsreihe im Haus der Kulturen der Welt sahen alle Redner im "Dialog zwischen den Kulturen" eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe. Nur in den Stimmungslagen wurden unterschiedliche Akzente hoerbar. Optimismus in Guenter Reicherts Begruessungsansprache: "Wir moechten ein Signal setzen fuer ein Voranschreiten auf dem Weg zu einer besseren gegenseitigen Verstaendigung", sagte der Praesident der Bundeszentrale fuer politische Bildung, die zusammen mit dem Wannsee-Forum fuer die Konzeption verantwortlich zeichnet.
Kaum waren diese hoffnungsfrohen Worte verklungen, da naeherten sich - ganz dialogisch - ueber die Podiumsfluegel Drehleier und Bassklarinette. Melancholie musste man aus der Urauffuehrung von Johannes Fritschs Komposition "Fremdes Lied" schliessen, ist das kulturuebergreifende Grundgefuehl. Schwermuetig harmonisierte Themen aus abend- und morgenlaendischen Volksliedern, wobei die einzelnen, einander fremden Elemente der Melodien ihren Charakter behielten. Damit passte der musikalische Rahmen inhaltlich wieder zum Grundtenor der Veranstaltungsreihe mit ueber 60 Workshops und Diskussionsforen sowie einem "Markt der Moeglichkeiten", auf dem sich 70 interkulturell engagierte Projekte praesentieren.
"Klarheit und Wahrheit" setzte Roman Herzog als Mass-Staebe. Der Bundespraesident hatte die Veranstaltung angeregt und betonte am Mittwoch, dass der interkulturelle Dialog eine der "wichtigsten Aufgaben der Zukunft" sei. Ohne einen solchen Dialog sei der innere Friede auf Dauer gefaehrdet. Herzog sparte in seiner Ansprache nicht mit deutlichen Worten an alle Seiten. Feindbildern und Ueberdramatisierungen mit aller Kraft entgegentreten, jeden, der sich rechtmaessig in Deutschland niedergelassen hat, gerecht und freundlich aufzunehmen, das ging an die Adresse der Bundesbuerger. Gleichzeitig mahnte Herzog an, auch diejenigen, die Aengste und Vorbehalte, wie unbegruendet auch immer, gegen eine Zuwanderung aeussern, nicht aus dem Gespraech auszugrenzen. An die auslaendischen Mitbuerger, vor allem die Moslems, richtete der Bundespraesident den Appell, ihre Haltung zu einer liberalen, saekularen Gesellschaft zu ueberdenken.
Damit hatte Roman Herzog die Bruecke zur anschliessenden Podiumsdiskussion ueber "Weltreligionen und Demokratie" geschlagen. Geladen waren Dialog-Profis, keine fundamentalistischen Glaubensverfechter: "Respekt" forderte Michel Friedman vom Zentralrat der Juden in Deutschland, keine Kirche duerfe in einer Demokratie eine Monopolstellung haben. Vielfalt habe ihm schon immer besser gefallen als Einfalt, so Friedman. Dass Religionen "undemokratische Gebilde" seien, betonte auch der Politikwissenschaftler Georg Strobel. Selbstkritik uebte der Theologe Karl-Josef Kuschel, die katholische Kirche habe einen Nachholbedarf im Gespraech mit anderen Glaubensgemeinschaften. Die theologische Ausbildung muesse endlich auch das Studium anderer Religionen miteinbeziehen, eine Hochschule fuer islamische Studien entstehen. Zustimmung bei Bashir Ahmad Dultz, dem Vorsitzenden der Deutschen Muslim-Liga. Er warnte eindringlich vor einer Daemonisierung des Islam, auch wenn viele Muslime in ihrem Denken erst auf dem Weg nach Deutschland seien. Einen positiven Beitrag zur Demokratie leisten zu koennen, davon sprach allein Sylvia Wetzel. Das Vorstandsmitglied der Deutschen Buddhistischen Union nannte Einsicht und Mitgefuehl als richtungweisende Werte ihres Glaubens. "Ist Karma demokratisch?" hakte Strobel rhetorisch nach. Friedman verlangte mokant Auskunft ueber den missionarischen Aspekt. "Ich inspiriere andere, etwas so zu sehen wie ich", konterte Wetzel und ergaenzte lachend: "mit Charme". Damit war zuletzt auch der Unterhaltungswert in den interkulturellen Dialog eingefuehrt.
Stefanie Doerre in der Berliner Zeitung "Der Tagesspiegel", 14.November 1997, Seite 30.
Dokumentation einschliesslich CD:
Dialog zwischen den Kulturen
Bundeszentrale fuer politische Bildung
Berliner Freiheit 7
53111 Bonn
Redaktion Claudia Lutze
ISBN 3-89331-332-X
DIN-A-4 120 Seiten
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