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Eine ganze Woche lang Trialog: Juden, Christen und Muslime leben zusammen: essen, trinken, gruessen einander, diskutieren, streiten, ueben sich im Zuhoeren und Zu-Wort-Melden, gehen spazieren oder schwimmen, beten, umarmen sich. Gerade die praktischen, scheinbar so selbstverstaendlichen Dinge bergen die groessten Konflikte in sich. Kann das ueberhaupt gutgehen? Es geht gut, und wie! Wer eine ganze Woche lang "Bendorf" erlebt hat, kann davon suechtig werden.
Das katholische Hedwig-Dransfeld-Haus in diesem kleinen Ort bei Koblenz, am Fusse des Westerwaldes, bietet seit sechzehn Jahren - in dieser Form einzigartig in Europa - die Gelegenheit, diese so persoenliche Annaeherung zu versuchen. Das hat sich herumgesprochen: 120 Teilnehmer nehmen zum grossen Teil eine weite Reise auf sich. Viele kommen naemlich aus Grossbritannien, von denen eine Reihe aus verschiedenen Laendern des Nahen und Mittleren Ostens - bis hin aus Malaysia stammen. Die juedische Seite ist vor allem mit Lehrenden und Studierenden des reformerischen Leo-Baeck-College vertreten, die auch an der Organisation der Konferenz beteiligt sind.
Die Zweisprachigkeit wird mehr und mehr als Chance wahrgenommen. Die Uebersetzung ist schon Dialog: Wie wir uns dabei in der Geduld der Verstaendigung ueben, so ist dies eine wichtige Voraussetzung im Verstehen der verschiedenen Glaubenstraditionen. "Herausforderungen im Dialog", unser diesjaehriges Thema: Das heisst nicht, sich gegen andere abzuschotten, und auch nicht, mit dem Absolutheitsanspruch des eigenen Glaubens den anderen Glauben in Frage zu stellen oder als minderwertig anzusehen. Unterschiede bleiben, und dieses Leiden der Trennung muessen wir wohl auch hinnehmen. Was uns aber nicht daran hindern sollte, im Guten zu wetteifern (Koran, Sure 5, 53) und Gemeinsamkeiten herauszustellen.
Am Ende der Woche wird gefeiert. Jeder ist eingeladen zur Teilnahme am muslimischen Freitagsgebet, an der juedischen Schabbatfeier und am christlichen Gottesdienst. Es ist ein schoenes Gefuehl, nach den vielen Begegnungen in der grossen Gemeinschaft zu dem einen Gott zu beten, gleich wie er genannt wird. Christen und Juden im arabischen Raum nennen Gott auch Allah. Die "Singenden Derwische" stimmen an zu "La illahe illa 'llah" - Es gibt keine Gottheit ausser Gott.
Nicht immer geht es so harmonisch zu wie dieses Jahr im Februar 1990. Letztes Jahr gab es grossen Streit um Salman Rushdie, und mit Rueckschlaegen im Dialog muss immer gerechnet werden. Es ist auch nicht leicht, etwas neu aufzubauen. Da besteht haeufig die Sorge, die eine Seite wolle die andere missionieren. Viele haben auch Angst, dass die eigene Glaubensgemeinschaft ja einen fuerchterlich uneinheitlichen Eindruck hinterlasse. Das ist verstaendlich. Bendorf hat fuer mich aber auch gezeigt, wieviel man besonders von der anderen Seite fuer den eigenen Glauben lernen kann. Manchmal ist es ein langer Weg, aber vielleicht sollten wir einmal die Chance in unserer Umgebung wahrnehmen.
Ludwig Schlessmann
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