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Living with the Conflict heisst ein von der Dorfgemeinschaft produziertes Video. Welcher Konflikt ist gemeint? Der Nah-Ost-Konflikt zwischen dem juedischen und dem arabischen Volk, zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten. Die Mitglieder von Neve Shalom/Wahat al Salam sind zwar alle Buerger Israels, aber in der Auseinandersetzung zwischen den beiden Voelkern stehen sie - durch Kultur, familiaere Beziehungen, Sprache, Geschichte verschieden - beiden Seiten unterschiedlich gegenueber. Die Loyalitaet zum eigenen Staat steht bei den palaestinensischen Israelis manchmal im Widerspruch zur Solidaritaet zum eigenen Volk. Beim 2. Golfkrieg zum Beispiel sassen zwar alle gemeinsam im grossen Bunker mit Gasmasken und fuerchteten sich vor den irakischen Raketen. Doch konnten palaestinensische Bewohner einen gewissen Respekt vor Saddam Hussein nicht verhehlen, dass er als Araber sich traute, gegen die uebermaechtigen Amerikaner und Israel, das sich auch als Supermacht fuehlt, anzutreten. Kleine Spannungen koennen auch aus Kleinigkeiten unterschiedlicher zivilisatorischer Gewohnheiten entstehen.
Warum hat Bruno Hussar Neve Shalom/Wahat al Salam gegruendet?
Beim Studium der Heiligen Schrift der Juden und Christen in dem von ihm gegruendeten Haus des Jesaja in Jerusalem erlebte er den Konflikt um sich herum. Er dachte, Juden, Christen und Muslime sollten versuchen, im gemeinsamen Glauben an den einen Gott die Grundlage zu finden, als vertraegliche Nachbarn zusammenzuleben. Als Jude 1911 in Kairo geboren, als Erwachsener nach dem Studium der Ingenieurwissenschaft in Frankreich Christ und Priester geworden, innerlich sein Judesein weiter bejahend, der arabischen Kultur und dem Islam von Kindesbeinen vertraut, da in Aegypten unter Muslimen bis zum 18. Lebensjahr aufgewachsen, spuerte er in sich drei Identitaeten. Am 8.2.1996 starb er in Jerusalem. Er ist im Friedensdorf begraben.
Ist das Dorf eine Oase des Friedens?
Bruno Hussar fand den Ausdruck Neve Shalom beim Propheten Isaija 32,18. Prophetische Aussagen sind im Zusammenhang besser zu verstehen. Die beiden vorausgehenden Saetze lauten: Dann wird Rechtspruch in der Wueste wohnen und Gerechtigkeit im Fruchtlande. Und das Werk der Gerechtigkeit wird der Friede sein und die Tat der Gerechtigkeit Ruhe und Sicherheit auf immer. Erst dann kommt die Zusage Mein Volk wird in einer Wohnstaette (neve) des Friedens wohnen. Es ist sehr schwer in dem, was auf beiden Seiten des Konflikts zwischen Israel und Palaestina zur Zeit geschieht, Recht und Gerechtigkeit zu erkennen. Aber dies sind (siehe oben!) die Voraussetzungen fuer Frieden und Sicherheit. Sicherheit auf Ungerechtigkeit aufzubauen, gelingt ebenso wenig, wie Recht durch Terror zu erreichen. Die Dorfbewohner setzen sich deshalb immer wieder gegen Unrecht und fuer Gerechtigkeit ein, ohne selbst eine politische Partei zu bilden oder ihr gemeinsam anzugehoeren.
Entspricht die heutige Situation der Erwartung, die gemeinsame abrahamitische Tradition koennte die Grundlage des Zusammenlebens im Friedensdorf sein?
Zumindest nicht sehr bewusst. Im Dorf leben zur Zeit unter anderem 32 juedische, christliche und moslemische Familien zusammen. Es gibt mehr und weniger fromme Muslime und Christen dabei, die Juden sind nicht orthodox, da Orthodoxe unter Orthodoxen leben wollen, um die vielen Vorschriften des Gesetzes besser leben zu koennen. Die Leute von Neve Shalom/Wahat al Salam sind der Ueberzeugung, dass die Geschichte Juden und Araber gezwungen hat, auf demselben Fleck Erde miteinander auszukommen. Das wollen Sie in ihrem Dorf bewusst akzeptieren. Bruno sagte: Indem wir Frieden schaffen, tun wir den Willen Gottes.
Was ist dann die jetzt gelebte Grundlage des Zusammenlebens?
Es ist die Gleichberechtigung der juedischen und arabischen Mitglieder. Diese Qualitaet wird auch durch die Quantitaet gestuetzt, das heisst bei der Aufnahme wird auf eine ausgewogene Zahl von juedischen und arabischen Familien Wert gelegt. Der Leiter des Sekretariats (Gemeinderats) ist zur Zeit ein Araber, vorher hatten abwechselnd auch Juden das Amt inne. Auch in der Leitung der Schule, der Friedensschule und so weiter achtet man darauf, dass beide Bevoelkerungsgruppen Mitentscheidung haben.
Warum gibt es im Dorf keine Synagoge, keine Kirche, keine Moschee, sondern nur eine Halle und einen Hain des Schweigens?
Bruno sagte: Gott ist in der Stille, der Doumia zu finden, Worte koennen entzweien, von Kanzeln sind schon zu viele Religionskriege ausgegangen.
Wie setzen die Dorfbewohner ihren Willen, als Juden und Palaestinenser bewusst zusammenzuleben und gemeinsam fuer den Frieden zu arbeiten, praktisch um?
Sie tun das unter anderem
a) in einer Friedensschule, die inzwischen ueber 18.000 juedische und arabische Israelis, unter anderem Oberschueler, Studenten, Jugendleiter und Lehrer in gemeinsamen Kursen und Begegnungen betreut hat. Seit der teilweise erreichten Selbstverwaltung der palaestinensischen Gebiete fuehrt sie auch Paedagogen aus diesen und Israel zusammen.
b) In einem zweisprachigen und bikulturellen dorfeigenen Erziehungssystem, das von der Kinderkrippe ueber den Kindergarten bis jetzt in einer sechsklassigen Grundschule muendet.
c) in einer Bildungsstaette mit Jugendgaestehaus mit 39 modern eingerichteten Zimmern mit 1-4 Betten, Self-Service-Speisesaal, Tagungsraeumen und Cafeteria.
Wie finanziert sich das Dorf und seine Familien?
Einige Mitglieder arbeiten in den dorfeigenen Bildungseinrichtungen und im Gaestehaus, in manchen Familien ist das nur einer der Eltern, in einigen sind das beide. Andere Familienmitglieder arbeiten draussen in den unterschiedlichsten Berufen unter anderem als Arzt, Sozialarbeiterin, Apotheker, Schauspieler, Tour-Guide, Gaertner, Hochschullehrer und so weiter. Die Mitarbeiter der Bildungseinrichtungen, interne wie externe, erhalten Gehaelter. Diese und die uebrigen Auslagen des Dorfes koennen nur mit Zuschuessen von Freundeskreisen aus dem Ausland (siehe unten!) bezahlt werden. Das Sekretariat (Gemeindeverwaltung) deckt seine Kosten zur Haelfte durch die Umlagen unter den Mitgliedern. Die Grundschule erhaelt Zuschuesse als Privatschule vom israelischen Erziehungsministerium, das es kuerzlich als Experimentschule anerkannt hat. 600 Schulen hatten sich um diese Anerkennung beworben, 30 haben sie erhalten. Das Gaestehaus, das die Kurse der Friedensschule durch niedrige Kostenberechnung subventioniert, wurde mit Zuschuessen und Spenden vor allem aus Deutschland errichtet, es kommt ohne Zuschuesse zu den laufenden Kosten aus, weil es in den von der Friedensschule nicht beanspruchten Zeiten von Reisegruppen und Einzelgaesten gern genutzt wird.
Ist das Dorf ein Kibbuz?
Nein, wenn auch unter den juedischen Mitglieder einige ehemalige Kibbuzmitglieder sind, versteht sich das Dorf nicht als Kibbuz, das heisst juedische Gemeinschaftssiedlung. Das Dorf hat sein Gelaende vom Kloster Latroun in Erbpacht erhalten. Die Familien haben ihre eigenen Haeuser. Die Bildungseinrichtungen, die Doumia und das Gaestehaus sind gemeinsames Eigentum.
Was sind die brennendsten Probleme des Dorfes?
Neben Geldsorgen die um das Land. Ueber 300 juedischer und arabischer Kandidaten Bewerbung um die Mitgliedschaft konnte noch nicht entsprochen werden, weil zusaetzliche Bauplaetze noch nicht genehmigt sind. Das wird moeglich, wenn das bisher vom Kloster Latroun gepachtete Land ins Eigentum der Dorfgemeinschaft, beziehungsweise der Familien, uebergeht. Kaufverhandlungen laufen. Die Bezirksregierung will in unmittelbarer Nachbarschaft zwei neue grosse Siedlungen genehmigen, die verwaltungsmaessig mit dem Friedensdorf zusammengeschlossen werden sollen. Das wuerde den einzigartigen Charakter des Dorfes zerstoeren, den der Gleichberechtigung aus gleicher Staerke.
Unterstuetzung des Friedensdorfes und weitere Auskunft:
Freunde von Neve Shalom/Wahat al Salam e.V.
Sonnenrain 30
53757 Sankt Augustin
Kreissparkasse Siegburg
Kt. 032000986
BLZ 386 500 00
Spenden sind steuerlich abzugsfaehig
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