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Verschaerfter Treueid fuer Geistliche und Theologieprofessoren sorgt fuer Diskussion
Von Joachim Frank
Bonn - Tarcisio Bertone wiegelt ab: Der Papst wolle mit seinem juengsten Erlass "Ad tuendam fidem" (Zur Verteidigung des Glaubens) keineswegs die Freiheit der theologischen Forschung einschraenken oder Diskussionen um Glaubensfragen bremsen. Nicht von ungefaehr schwingt der italienische Erzbischof sich auf, die Stimme seines Herrn zu interpretieren. Bertone ist - nach Kardinal Joseph Ratzinger - der "zweite Mann" in der roemischen Glaubenskongregation. Diese Behoerde hat zeitgleich mit dem jetzt veroeffentlichten Papst-Schreiben einen offiziellen Kommentar herausgegeben, auf dass - wie es darin heisst - der Sinn der durch Johannes Paul II. verschaerften Formel eines Treueids fuer Geistliche und Theologieprofessoren "richtig verstanden, gut aufgenommen und vollstaendig bewahrt" werde.
Diese Formulierung verraet, dass ihre Autoren den innerkirchlichen Widerstand gegen das neue paepstliche Dekret schon vorausgeahnt haben. Nicht ohne Grund: Schon 1989 hatte der Papst die umstrittene Eidesformel eingefuehrt; angehende Priester muessen seitdem vor ihrer Weihe nicht nur dem Glaubensbekenntnis, das "Credo" und den kirchlichen Dogmen, sondern auch allen Lehren des Papstes und der Bischoefe per Schwur zustimmen.
Dieser von Kritikern als "Gesinnungsgaengelei" bezeichnete Eid ist in der Kirche allerdings nie flaechendeckend angewandt worden. Dem Vernehmen nach wurde nicht nur in Deutschland stillschweigend darauf verzichtet, sondern auch in den USA und anderen Kontinenten. Mutmasslich hat gerade diese augenscheinliche "Laxheit" den Papst veranlasst, die Schraube noch einmal anzuziehen. Das Neue an dem jetzigen Dekret ist, dass die Eidesformel in allen ihren Teilen ins Kirchenrecht uebernommen wird. Damit wird mit Strafe bedroht, wer etwas sagt, was von paepstlichen Positionen abweicht. Waehrend Erzbischof Bertone von einem "Kompass" fuer die Theologen spricht, sehen andere mit der Ergaenzung des Kirchenrechts einen elektrischen Zaun errichtet, der eben doch die Bewegungsfreiheit beschraenken will. Ausdruecklich erwaehnt der Kommentar zum Papstbrief die Frage, ob Frauen in der katholischen Kirche je zu Priesterinnen geweiht werden koennen. Der Papst haelt das fuer endgueltig ausgeschlossen, und er hat jede weitere Diskussion darueber untersagt.
Was nun passieren koennte, wenn ein Theologe - und derer gibt es viele - doch der Frauenordination das Wort redet, das mag sich der Tuebinger Theologe Peter Huenermann konkret jetzt noch gar nicht ausmalen.
Huenermann haelt jedenfalls das paepstliche Vorgehen fuer hoechst fragwuerdig. Nicht allein, dass es ein Bibelwort auf den Kopf stellt, in dem sich Jesus massiv gegen das Schwoeren wendet. Nicht allein, dass der Treueid Reminiszenzen an ein dunkles Kapitel der Kirchengeschichte wachruft: Von 1910 bis 1967 mussten alle Geistlichen den "Antimodernisten-Eid" leisten, in dem so gut wie alle geistigen, wissenschaftlichen und politischen Errungenschaften seit der Aufklaerung einem unnachgiebigen Verdikt anheimfielen.
Fuer Peter Huenermann liegt die Hauptschwierigkeit in einer ueberzogenen Ausweitung der paepstlichen Autoritaet. Der Papst duerfe von einem Professor zwar zu Recht Loyalitaet erwarten und auch den Glauben an christliche Grundwahrheiten. Aber wo es um die Beurteilung historisch strittiger Sachverhalte gehe, koenne nicht per Kirchengesetz eine "Zustimmung im Glauben" gefordert werden, die doch "den ganzen Menschen" umfasse. Huenermann zieht einen Vergleich: "Eine Firma kann verlangen, dass ein Mitarbeiter die Unternehmensstrategie teilt. Aber gegenueber seiner Frau muss er doch nicht die Meinung seines Chefs vertreten."
Quelle: Koelner Stadt-Anzeiger, 3.Juli 1998.
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