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Was notwendig ist, um morgen noch den christlichen Glauben leben zu koennen
Die Kirche schmilzt bei uns zulande. Die Zahl der Austritte hat nicht nennenswert nachgelassen. Wenn es so weitergeht, werden die Christen in der naechsten und uebernaechsten Generation nur noch eine Minderheit in unserer Gesellschaft darstellen. Ein katholisches Milieu wird es nicht mehr geben, "Volkskirche" nur noch in der Erinnerung an fruehere Zeiten. Damit wird es schwerer, Christ zu sein, ein Leben aus dem Glauben zu fuehren. Wie geht das?
Gebet ist das Atmen des Glaubens. Wer mit Gott leben will,
muss mit ihm Kontakt halten. Es sollte kein Tag vergehen, an dem
wir nicht wenigstens einmal "abschalten", still werden, uns
sammeln und auf Gott hin oeffnen. Wie einer betet, bleibt ihm
selbst ueberlassen. In unserer alten Klosterkirche in Koeln
konnte man gegen Abend immer wieder Menschen beobachten, die auf
dem Heimweg von der Arbeit einen Schwenk in die Kirche machten,
sich still in eine Bank setzten, um mit Leib und Seele ruhig zu
atmen, sich vor Gott zu sammeln, den Tag zu ueberdenken, sich
Gott wieder anzuvertrauen. Dazu bedarf es nicht vieler Worte:
"Euer Vater weiss ja, was ihr braucht, schon ehe ihr in darum
bittet"
Eine Form des persoenlichen Gebetes ist die "Betrachtung". Als erste Quelle bietet sich die Heilige Schrift an. Nicht jeder tut sich leicht damit. Eine gute Hilfe sind Betrachtungsbuecher wie die neue Reihe "Taeglich ein Text" (Matthias-Gruenewald-Verlag).
Sie bieten kleine Abschnitte aus den Schriften geistlicher
Autoren, jeweils ein paar Saetze, die in die Tiefe fuehren. Das
betrachtende Gebet ist etwas ganz Einfaches, es bedarf keiner
komplizierten Methoden, Techniken. Von Maria wird berichtet:
"Maria behielt alle diese Geschehnisse und erwog sie in ihrem
Herzen"
Das zweite, das zum Christsein heute und morgen notwendig ist,
ist die Kommunikation mit anderen im Glauben, das
Glaubensgespraech. Das hat es frueher auch in gut katholischen
Familien kaum gegeben - man verstand sich auch so als
Glaubensgemeinschaft. Heute ist der Glaube in den Familien aus
anderen Gruenden sprachlos geworden. Den meisten ist einfach die
Luft ausgegangen. Welche Eltern bringen es noch fertig, mit ihren
Kindern ueber ihren Glauben zu sprechen? Wenn das Eindruck machen
soll, darf es nicht nur ein Sprechen "ueber" den Glauben, sondern
muss ein Sprechen aus dem persoenlichen Glauben sein. Und das
setzt Wahrhaftigkeit, Echtheit voraus. Die Kinder spueren, wie
ernst das den Eltern selber ist. Echtheit kann auch durchaus
bedeuten, dass sich die Gespraechspartner ihre Schwierigkeiten
mit dem Glaubensieben eingestehen. Wir sind alle erst unterwegs
zur Fuelle des Glaubens. Paulus wuenscht uns: "Er (Gott) moege
euch verleihen, dass ihr durch seinen Geist an Kraft erstaerkt am
inneren Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen
wohne"
Christ ist man nicht nur fuer sich selbst
Dazu kann auch das Glaubensgespraech verhelfen. Selbst Paulus,
dem Christus erschienen war, der ein "Uebermass an Offenbarungen"
empfangen hatte
Christ ist man nicht nur fuer sich selbst, um des eigenen Heiles willen, sondern immer auch fuer andere. Wir nehmen alle teil an der Sendung Christi. Auch das ist schwieriger geworden. Edith Stein hat dazu einmal gesagt: "Dem modernen Heidentum, dem vielfach jedes geistliche Kleid verdaechtig ist, das von keiner Glaubenslehre etwas wissen will, kann das jenseitige Leben kaum noch anders nahe kommen als in Menschen, die von aussen gesehen seinesgleichen sind, vielleicht denselben Beruf in der Welt ausueben, starke gemeinsame Interessen mit den Menschen dieser Welt haben und doch spuerbar von seiner geheimnisvollen Kraft getragen sind, die von anderswoher kommt." Ausbreitung des Glaubens geschieht heute nicht mehr durch Enzykliken und Hirtenbriefe, sondern durch persoenliche Ansteckung. Wir sollten so leben, dass andere neugierig auf unsere Lebensquelle, unseren Glauben werden, uns vielleicht eines Tages danach fragen. Viele Menschen unserer Gesellschaft sind hinter dem Gehabe von Selbstsicherheit zutiefst unsicher, ob das, was das moderne Leben bietet und was man daraus macht, genuegt, um Sinn und Halt zugeben. Sie denken im Grunde vielleicht wie der franzoesische Dichter Antoine de Saint-Exupéry: "Man kann nicht mehr leben von Eisschraenken, von Politik, von Bilanzen und Kreuzwortraetseln. Man kann es nicht mehr."
Um morgen noch Christen zu sein, um gegen den Strom der "oeffentlichen Meinung" schwimmen zu koennen, brauchen wir ein neues Selbstbewusstsein, kein ueberhebliches, sondern ein im Glauben und in der Glaubensgemeinschaft vertieftes. Wenn der Grundwasserspiegel in einem Land sinkt, muss man tiefer graben, um aus den Quellen lebendigen Wassers zu schoepfen und anderen Duerstenden davon mitzuteilen.
Hermann-Josef Lauter OFMQuelle: (katholische) Kirchenzeitung Koeln, 26.Februar 1999, Seite 14.
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